Matthias Pfefferle

Bild: HoWP - Matthias Pfefferle
Name: Matthias Pfefferle
Website: https://notiz.blog

Martin: Matthias, erzähl uns doch bitte deine WordPress-Story. Was hat dich angetrieben mit WordPress zu arbeiten?
Matthias: (Lacht) Wie weit vorne soll ich anfangen? 

Martin: (Lacht) Wir haben Zeit.
Matthias: Ende der 1990-er Jahre habe ich die ersten Schritte im Internet unternommen, war fasziniert und habe begonnen eigene (private) Webseiten zu bauen. Ich war relativ genervt davon, bei jeder Änderung auf meiner Webseite erneut HTML Code per FTP hochzuladen.
Über einen australischen Blog bin ich auf b2 gekommen; quasi der Vorläufer von WordPress. Ich war sofort fasziniert wie einfach man damit arbeiten konnte.

Mit b2 habe ich dann lange gearbeitet und auch alle Updates mitgemacht. Der Umstieg auf WordPress war relativ spät, jedoch früh genug um die Diskussion um den Fork von b2 auf WordPress mitzubekommen.

Irgendwann war ich auch mit WordPress an einem Punkt angekommen, an dem das CMS nicht mehr meinen Anforderungen genügte und die fertigen Themes nicht dem entsprachen, was ich gerne gehabt hätte. Ab diesem Zeitpunt habe ich angefangen alles Mögliche zu tweaken. Anfangs habe ich, zu meiner Schande, direkt WordPress Core-, Theme- oder auch Plugin-Files angepasst.

Damit hatte ich schon vor der Web 2.0 Blase echt Spaß mit meinem Blog. Mit dem Aufkommen von Facebook und all den anderen sozialen Netzwerken bin ich in die Schiene „IndieWeb“, „DataPortability“ und „OpenWeb“ hineingerutscht. Für mich war immer wichtig, dass mein Content auf meiner Seite bleibt und ich eben nicht Artikel über soziale Netzwerke schreibe, sondern maximal darüber verteile.

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An dieser Stelle habe ich dann auch begonnen, WordPress so an meine Bedürfnisse anzupassen, dass es möglichst kompatibel zu allerlei sozialer Netzwerke ist. Ich habe diverse Plugins gebaut, um mein Blog so kompatibel wie möglich zu anderen sozialen Netzwerken zu bekommen. Später kamen dann auch diverse Plugins dazu, die WordPress selbst zu einem „dezentralen Netzwerk“ machen.

Martin: Dein aktueller Blogpost auf notiz.blog heisst „Treffen der Generationen“ und hat so gar nichts mit WordPress zu tun… das hat mich dann doch überrascht.
Matthias: (lacht) Ja, eigentlich nicht. Die ursprüngliche Idee von notiz.blog war eine Art der „Selbsterziehung“ während meines Studiums. Gebloggt habe ich immer schon gerne, das Schreiben über technische Dinge hat mich dazu gezwungen mich auch damit zu beschäftigen. Daher war mein Blog am Anfang eher technik lastig. Mit der Zeit sind dort aber auch andere vielfältigere Themen gelandet – quasi mein privates Weblog.

Auf der anderen Seite habe ich dort, als es damals mit Facebook so richtig los ging, meinem Frust über die zentralen Silos Luft verschafft und viel darüber geschrieben, wie wichtig es ist, seine eigene Webseite zu haben, seinen Content selbst zu verwalten und zu besitzen. In dieser Zeit habe ich quasi nur noch über WordPress- und OpenWeb- Themen geschrieben.
In der letzten Zeit bin ich aber wieder auf einem guten Weg, zu meinen Blog-Wurzeln zurückzukehren, und nicht nur über Technik zu bloggen.

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Martin: Wenn du einen Vortrag vor Teilnehmern aus der „Generation Z“ – in der die Menschen nicht mehr ohne Facebook und Co. auskommen – halten müsstest, wie würdest du diesem Teilnehmerkreis deine Idee von Open- und IndieWeb näherbringen?

Matthias: Soziale Netzwerke haben in der Regel eine begrenzte Lebenszeit, das haben StudiVZ, WerKenntWen und MySpace in der Vergangenheit gezeigt. Aber auch Facebook steht, spätestens seit Instagram, vor dieser Gefahr. Wenn man bedenkt, dass Facebook seit 2004 eines der beliebtesten Netzwerke ist, dann gibt es Menschen die mehr als 16 Jahre ihres Lebens auf Facebook dokumentiert haben. Sei es über Texte, Bilder oder andere Inhalten. Mit dem stetigen abwandern des Freundeskreises zu Instagram, verlieren die Daten auf Facebook immer mehr an Relevanz, es gibt aber auch keine Möglichkeit sie zu Instagram mit zu nehmen. Aber es gibt nicht nur die Gefahr der Irrelevanz, Facebook ist nicht demokratisch und definiert seine Regeln zum eigenen Vorteil. Passen das eigene Profil, die politische Einstellung oder die geteilten Inhalte nicht mehr zu diesen Regeln, wird man ausgesperrt. Um dieser Willkür entgegen zu wirken ist es wichtig, Herr über seine eigenen Daten zu werden und auch zu bleiben.

Da gibt es zwei populäre Lösungsansätze:
Gerade ist das Thema „Mastodon“ sehr trendig. Mastodon benutzt ein Protokoll namens „ActivityPub“. um eine komplett dezentrale Kommunikation zu ermöglichen. Nutzer können sich ihr Netzwerk frei aussuchen oder sogar ihre eigene Community betreiben und sich trotzdem mit Freunden auf anderen Plattformen vernetzen. So etwas ist einer Generation, die mit Facebook aufgewachsen ist, aber schwer nahe zu bringen. Immerhin müssten sie ihre Gewohnheiten komplett umstellen bzw. auf Facebook und Instagram verzichten.

Es gibt aber auch noch die „IndieWeb“ Bewegung, die lediglich das Vorhandensein einer eigenen Webseite propagiert. Frei nach dem Motto „own your content“ sollen Texte und Bilder nur auf der eigenen Seite veröffentlicht werden und lediglich Kopien über die sozialen Netzwerke, sie nennen diese auch „Silos“, (automatisierten) geteilt werden. Also ein „best of both worlds“.

Martin: Meinst du, dass WordPress in der Zukunft mehr in die Thematik „OpenWeb“ einzahlen wird? 
Matthias: Naja, sie verhindern es zumindest mal nicht.  Nach einer Keynote  wurde Matt schon gefragt, ob die WordPress-Community nicht auch OpenWeb/IndieWeb Technologien vorantreiben will. Die zusammengefasste Antwort war damals, dass der Fokus von WordPress erstmal nicht das „Dezentrale“ sein wird. Wobei über die Zeit viele offene Standards in WordPress eingebaut wurden, wie z.B. OEmbed, RSS, ATOM, Microformats und mehr. WordPress wird sich meiner Meinung nach nicht gegen die OpenWeb Idee wehren, aber es ist schon ein Invest sich aktiv daran zu beteiligen. Menschen dafür zu begeistern, mehr OpenWeb in WordPress einzubauen wäre schon ein enormer Schritt. Es würde sich langfristig auch für WordPress lohnen, da man über verschiedene Blogs hinweg eine Art soziales Netzwerk bauen könnte. Blogposts von Dritten könnten über das eigene Weblog kommentieren und geliked werden und es könnte eine echte dezentrale Kommunikation stattfinden. Langfristig könnte dadurch sogar eine Alternative zu Facebook und Twitter entstehen.

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Martin: Die „Marktmacht“ hätte WordPress ja auf alle Fälle.
Matthias: Als das am weitesten verbreitete CMS definitiv! Für wordpress.com wäre das sicherlich auch eine schöne Erweiterung. 

Martin: Wie ist denn deine Meinung zu Gutenberg und zu dessen Zukunft?
Matthias: Ich sehe das Thema Gutenberg mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Als Anwender finde ich den neuen Editor großartig. Ich hatte diesen von Beginn an aktiviert und ich liebe es ihn zu benutzen. Als Entwickler meiner eigenen Themes ist die aktuelle Übergangsphase von einem Editor zu einem Pagebuilder aber eher anstrengend. Es gibt momentan einfach zu viele Änderungen, die man als Hobby Theme-Entwickler*in immer wieder nachziehen muss. Die Idee ganze Seiten komplett mit Header, Footer und Navigation mit Gutenberg zu bauen ist ein massiver Umbau der Struktur von bisherigen WordPress-Themes. 
 
Die Entwicklung meines ersten Gutenberg kompatiblen WordPress-Themes hat bisher aber trotzdem Spaß gemacht. Vor allem, da spätestens mit medium.com die Bilder (oder generell Medien) eines Blogposts/Artikels viel mehr Raum einnehmen und auch als Vollbild zu sehen sind, das finde ich spannend und ein sehr schönes Element. Vor allem für dich als „Mann der Bilder“ (lacht).
Langfristig ist Gutenberg die richtige Entscheidung und das freut mich auch, da der „alte“ Editor einfach schon in die Jahre gekommen ist, bzw. mit aktuellen Pagebildern/Editoren einfach nicht mehr mithalten kann. 

Martin: Deine Themes kann man also bei WordPress.org herunterladen?
Matthias: Mein älteres Theme „SemPress“ ja. Es ist entstanden, weil ich kein anderes gefunden habe, dass meinen Anforderungen entsprach. Das Theme stand übrigens zeitweise auch auf WordPress.com zur Verfügung. Mein aktuelles Theme „Autonomie“ (das auch auf notiz.blog zu sehen ist) findet man nicht auf WordPress.org, da ich den Release-Prozess etwas sperrig finde. Ich verstehe, dass Reviews notwendig sind um eine gewisse Qualität zu gewährleisten. Für einen eher agil arbeitenden Theme-Entwickler ist der Prozess aber sehr zeitintensiv. Es gibt leider auch noch keine Möglichkeit den Prozess zu automatisieren. Bei Plugins läuft ein Release zumindest über SVN. Um ein Plugin zu aktualisieren, kann ich mir Automatismen bauen, welche die Files von GitHub auf das WordPress.org SVN hochladen. Bei Themes müssen die Daten in einem ZIP-File über ein Web-Formular hochgeladen werden – das ist mir zu viel Handarbeit.

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Martin: Auf dem WordCamp Wien 2020 gab es einen Vortrag von Heather Burns zum Thema „WordPress in einem veränderten Web“ wie stehst du dazu?
Matthias: Ich habe angefangen den Artikel zu lesen, bin aber noch nicht am Ende angekommen. Es ist aber eine ganz ähnliche Geschichte wie bei der IndieWeb/OpenWeb Thematik: es wäre schön, wenn sich eine so große OpenSource-Plattform und -Community auch über das reine WordPress-Produkt hinaus engagieren würde. Die Entscheidung wo sie das dann tun sollte, ist aber schwierig. Engagiere ich mich an OpenWeb Initiativen? Betreibe ich Politik? … wo anfangen, was priorisieren? Ich persönlich würde mir natürlich ein Engagement im OpenWeb wünschen, ich kann aber auch verstehen, dass es eine schwierige Entscheidung ist. Man kann nicht allen Wünschen gerecht werden und sollte das Produkt WordPress auch nicht vernachlässigen. Ich persönlich werde  mich nicht aus der Community zurückziehen, nur weil sie eben keine Entscheidung zu einem Thema was mir wichtig ist, treffen möchte, oder kann. Ganz im Gegenteil: noch sehe ich einen Ansporn darin, selbst aktiv zu werden und indirekt über die Community etwas zu bewegen.

Martin: Matthias, vielen Dank für das interessante Interview.

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